Projekte 2017 Schaufenstergalerie SCHARF 
DIE GULDINNEN: Feinkost als Lebens-mittel
Doris Jauk-Hinz
Ausstellung und Intervention

Eröffnung: 08.03.2017
Ausstellungsdauer: 09.03. – (verlängert) 21.04.2017

Geld ist der dominante symbolische Wert in marktwirtschaftlichen Systemen, geschlechtliche Ungleichwertigkeit ist darin eingeschrieben. Die weiblichen GULDINNEN wurden 2011 als Regionalgeld in das bestehende Judenburger Gutscheinsystem eingeführt. Sie sind das Pendant zum “männlichen Gulden” und verweisen konzeptuell auf eine immer noch bestehende Ungerechtigkeit: Auch nach 100 Jahren Frauenrecht verdienen Frauen rund 20% weniger für die gleiche Leistung. 1000 GULDINNEN wurden damals für den Handel produziert. Die tägliche Verwendung dieser Münze schafft ein permanentes Bewusstsein für die ihr zugrundeliegenden Themen.
Am 8. März, dem Weltfrauentag, erfährt dieses Projekt eine örtliche Erweiterung: Die GULDIN wird temporär als Zahlungsmittel in Graz eingeführt. Der Kauf und Tausch der Münze ist im Feinkost Mild - als einer Art Zentrale für dieses Geldkreislaufsystem - während der Zeit der Ausstellungsdauer für alle Interessierten möglich. 22 Geschäfte in der Grazer Innenstadt gaben die Zusage die GULDIN als Zahlungsmittel anzunehmen; so wird es möglich sein, Produkte aus verschiedenen Lebensbereichen mit ihr zu erwerben. Zur Eröffnung der Ausstellung wird eine Intervention von Doris Jauk-Hinz stattfinden: Die Besucherinnen und Besucher werden mit der Ungerechtigkeit und Lohnungleichheit konfrontiert. Die GULDINNEN gibt es jetzt auch als süße Nascherei: Als Schokoladenpraline thematisiert die GULDIN unter glasiertem Deckmantel prekäre Fragestellungen, sowie eine explizite Infragestellung geschlechtsspezifischer Lebensverhältnisse.

Noch mehr Infos zum Projekt: http://jauk-hinz.mur.at/arbeiten/die_guldinnen_feinkost-LEBENS-mittel.html


Folgende Geschäfte nahmen bzw. nehmen DIE GULDIN als Zahlungsmittel an:
Bücherstube • café erde • chic ethic FAIR TRADE SHOP • CuntRa • Das Blumenhaus Gauper • DAS GRAMM • FEINKOST MILD • FRIEDRICH AMBERGER • Genusscafé Das Tortenatelier • GRAND CAFE KAISERFELD • heidenspass • KAVKAZ-MARKT • Küchenfee • LINZBICHLER • Novosel • OPERNFOTO digital • PELL MELL • SAMEN KÖLLER • SATTLER OPTIK • spielzeugschachtel graz • ULLRICH & CO • Werner‘s Elektroladen & Eisenwaren


contemporary collective graz
(Elisabeth Saubach, MA und Iris Kasper)
Ausstellung

Mit einem Vortrag von Dr. Barbara Stelzl-Marx (stellvertretende Leiterin des Ludwig Boltzmann-Instituts für Kriegsfolgenforschung, Graz)

Eröffnung: 11.05.2017
Ausstellungsdauer: 12.05.2017 – 30.05.2017

Innerhalb dieses Ausstellungsprojekts wurden die Kuratorinnen selbst zu Schöpferinnen. Aus gegebenen Anlass entstand dieses Projekt aus einem spontanen Einfall heraus, sowie aus der Notwendigkeit, die aktuelle Situation nicht zu tabuisieren. Anlass der Ausstellung ist es erneut ein Zeichen gegen das Vergessen zu setzen. In der aktuellen Debatte in Graz um das Murkraftwerk, wird auch das Thema des Nationalsozialismus wieder greifbar: Die Stufen zu einem Bunker und schmale Betonfundamente einer Baracke eines ehemaligen Zwangsarbeiter*innen-Lagers-Liebenau wurden zufällig bei Bauarbeiten für eine Gasleitung freigelegt.

Wir haben uns mit diesem Projekt das Ziel gesetzt diese momentane Bewegung, die sich auch um den Diskurs der Erinnerung dreht, zu unterstützen. Lange Zeit wurde geschwiegen und beinahe schon vergessen, jetzt möchten auch wir dazu anregen sich auseinanderzusetzen, nachzufragen, sich zu informieren. Politische Kunst darf aussprechen – auch das was niemand aussprechen will.

Wenn wir uns nicht mehr erinnern wer wir waren, wie können wir dann wissen was wir sind – und vor allem wo wir hin wollen.

WER SÄT WIRD ERNTEN
Clemens Kranawetter
Ausstellung

Screening des Kurzfilms „Erinnern Sie sich?“ bei der Eröffnung
von Heinz Trenczak

Eröffnung: Freitag, 02.06.2017
Ausstellungsdauer: 03.06.2017 – 05.07.2017


Die Ausstellung „Wer sät wird ernten“ beschäftigt sich mit der Dualität von Vergehen und Wachsen, von Handlungen und daraus folgenden Reaktionen. Sie referiert in ihrer Konzeption auf ein Motiv der Kunstgeschichte, welches u.a. besonders
von Vincent van Gogh geprägt wurde: den Sämann.

Die Kuration der Schaufenstergalerie SCHARF sieht vor, dass zu jeder Eröffnung eine Performance, Aktion, Intervention etc. stattfindet. Dieses Mal wurde eine Aktion schon im Vorfeld durchgeführt: Sonnenblumensamen wurden vom Künstler
Clemens Kranawetter bei den abgeholzten Murauen ausgesät. Dokumentiert wurde diese inszenierte Aktion in einer Serie von Fotografien von Christian KRI Kammerhofer. So entwickeln sich drei voneinander differente Komponenten des
Ausstellungsprojekts: Die inszenierte Aktion – die künstlerische Dokumentation derselben – und das für das Schaufenster geschaffene Objekt. Allen drei Komponenten als Installation gemeinsam ist die Konvergenz des Aktes der Entstehung.

Ein anderer Aspekt der Ausstellungskonzeption ist die Präsentation des Kurzfilms von Heinz Trenczak. In Divergenz zur Arbeit von Clemens Kranawetter thematisiert Trenczak’s Film neben der Erinnerung auch das Vergehen – das Entfernen der NS-Mahntafeln „63 Jahre danach“ von Jochen Gerz.

So formen beide Arbeiten eine Dualität von Entstehen und Vergehen – vom Verschwinden und vom Aufblühen.
Nachttrafik
Markus Pippan
Ausstellung

Mit einem Vortrag zum öffentlichen Raum vom contemporary collective graz

Eröffnung: Donnerstag, 06.07.2017
Ausstellungsdauer: 07.07. – 20.09.2017


Innerhalb dieser Ausstellung wird das Grazer Stadtleben von Markus Pippan in die Schaufenstergalerie SCHARF transportiert. Im Medium der Malerei zeigt der Künstler eine Momentaufnahme der Nachttrafik am Grazer Jakominiplatz. Dieser Ort ist in den Abendstunden nicht nur Anlaufstelle für Tabak-Konsumierende sondern auch ein beliebter Treffpunkt für Nachtschwärmer. Für Einwohner*innen ist das kleine hell erleuchtete Häuschen im Zentrum der Innenstadt der von öffentlichen Verkehrsmitteln am häufigsten frequentierte Knotenpunkt und Treffpunkt.

Pippan beschäftigt sich in seinem künstlerischen Schaffen hauptsächlich mit Urbanität, Stadtansichten und per se dem Stadtleben. So gehörten hochfrequentierte Plätze, wie beispielsweise Bahnhöfe, oft zu seinen Motiven in denen er die Bewegung und Dynamik - die Lebendigkeit eines Ortes - einfängt. Der öffentliche Raum und seine Plätze – Orte der Begegnung und des Austauschs. Der öffentliche Raum wird, in der Malerei festgehalten, in das Schaufenster transportiert – zugleich ist das SCHARF selbst öffentlicher Raum. Gezeigt wird in dieser Ausstellung ein Mikrokosmos der Grazer Innenstadt. Außerdem findet zur Eröffnung ein kurzer Vortrag zum öffentlichen Raum vom contemporary collective graz statt. In Graz war es vor allem Univ. – Prof. Dr. Werner Fenz der mit seinen Lesungen zum öffentlichen Raum Student*innen nachhaltig prägte. Nicht nur unsere Ausstellungskonzeptionen, sondern auch unser kuratorisches Arbeiten mit und im öffentlichen Raum wurden von Dr. Werner Fenz maßgeblich mit beeinflusst.
SILENT
Styria Artist in Residence des Landes Steiermark Karina Marusińska (POL)
Ausstellung

Mit einer Performance von Igor F. Petković (SRB/AUT) am Eröffnungsabend

Eröffnung: Mittwoch, 04.10.2017
Ausstellungsdauer: 05.10.2017 – 24.10.2017


Karina Marusińska ist eine interdisziplinäre Künstlerin und arbeitet mit differenten Medien –Keramik, Glas, Installation, Performance, Skulptur, Video. Dabei entstehen auch oft sozial ausgerichtete Kunstprojekte. Innerhalb ihrer künstlerischen Praxis sind der Herstellungsprozess des Werks und die Interaktion mit den Betrachter*innen von zentraler Bedeutung. Ein Schwerpunkt sind Konzepte die sich mit der Spannung beschäftigen, die an der Schnittstelle von Innen und Außen, privat und öffentlich, Speziellem und Gewöhnlichem, Wohlwollen und Anstößigkeit entsteht. Sie erforscht Grenzzustände und Querverbindungen die sich zwischen zwei Polen ergeben.

Für die Schaufenstergalerie SCHARF entwickelt Marusińska eine ortsspezifische Installation mit dem Titel "Silence" deren konzeptuelle Basis ein Zitat von Jean-Paul Sartre ist: „Wären wir so still und so stumm wie Steine, wäre unsere Passivität ein Akt.“

Die Arbeit stellt einen Verweis auf die aktuelle Gesellschaft dar, ohne dabei eine Wertigkeit abzugeben. Zurzeit bewegen die Welt viele unterschiedliche Themen, die oft ins Emotionale übertreten. Momentan findet in Polen eine starke Protestbewegung gegen die jetzige Regierung statt. Die sogenannte „politische Rechte“ und ihre konservativen Werte sowie ideologischen Vorstellungen sind nicht nur in Polen, sondern überall in Europa wieder beliebter. So stellt sich die Frage wie sich ein „GEGEN“ diese Werte und Vorstellungen formulieren kann. Zwischen dem aktiven und passiven Widerstand formen sich aktivistische Strategien, aber ist es der tobende und Steine schleudernde Mob oder ist es der stille Widerstand, frei von Vandalismus und Gewaltszenarien, der Systeme nachhaltig verändern kann? Wie können Ungerechtigkeit und Zensur angesprochen werden? Ist in diesem Kontext manchmal wirklich „Reden Silber und Schweigen Gold“?
1-X, 24.10.-21.11. 2017, GRAZ

Styria Artist in Residence des Landes Steiermark Matěj Frank (CZE)
Installation und partizipative Prozesse am Eröffnungsabend

Eröffnung: Dienstag, 24.10.2017
Ausstellungsdauer: 25.10.2017 – 21.11.2017


Matěj Frank lebt und arbeitet in Polen und Tschechien. Er beschäftigt sich in seinen Arbeiten mit Raum in Relation zu Zeit, Bewegung, Körper und Sound. Ein Ausgangspunkt des Künstlers ist das Objekt, er beschäftigt sich aber auch mit den Medien Performance, Zeichnung und Klang. Neben Alltagsphänomenen und dem Aufbau von Informationen untersucht Frank Verbindungen von Bild und Sound. Dabei experimentiert er mit neuen Wegen des (Zu)Hörens.
Für die Schaufenstergalerie SCHARF arbeitet Frank an einem Projekt, das er nun in anderem Kontext und differenter räumlicher Situation umsetzen will. Von unserer Geburt bis zu unserem Tod hinterlassen wir permanent Spuren unserer Präsenz. Seit der industriellen Revolution ist der Einfluss des Menschen auf seine natürliche Umwelt immer größer geworden, bis zur geologischen Epoche des Anthropozäns. Neben dem geologischen Fußabdruck hinterlassen wir außerdem tagtäglich ephemere Spuren unseres Selbst, ohne ihnen dabei Aufmerksamkeit zu schenken: Fingerabdrücke. In dieser unendlichen Menge an Spuren ist der einzelne Fingerabdruck unikat und nicht wiederholbar. Wir versuchen persönliche Informationen über uns geheim zu halten, gleichzeitig hinterlassen wir jeden Tag an unzähligen Orten Abdrücke unserer Identität. Das Projekt nimmt in den Blick was uns jeden Tag umgibt: „The proof of our presence.” (Frank 2017)

ARCHIVE OF OPEN HISTORICAL OBJECTS

Bernadette Moser

Installation und partizipative Prozesse am Eröffnungsabend

Eröffnung: Dienstag, 21.11.2017
Ausstellungsdauer und partizipative Prozesse: 22.11.2017 – 12.12.2017

In einer Ausstellung in der Schaufenstergalerie SCHARF präsentiert Bernadette Moser ihre Sammlung aus teils zufällig gefundenen, teils geschenkten Objekten wie eine Schlangenhaut, Holz, Knochen oder einen Würfel. Die präsentierten Objekte bilden Referenzen auf ihre Identität. Dabei nutzt Bernadette Moser die auf die Scheibe des Schaufensters gezeichneten Rahmungen der letzten Ausstellung von Matěj Frank, der sich mit dem Fingerabdruck als Beweis unserer Präsenz beschäftigte. Jedes Objekt trägt ein narratives Element in sich und zusammen erzählen sie verschiedene Geschichten. Das Objekt wird seiner ursprünglichen Begriffsgeschichte entkoppelt – erhält einen neuen Bedeutungszusammenhang, aufgebahrt auf einer Art Altar im Atelier der Künstlerin – und wird schließlich zum Objet trouvé im Kontext einer Installation. Besucher*innen sind von der Künstlerin dazu aufgefordert, selbst kleine Gegenstände am Eröffnungsabend mitzubringen. Diese Objekte gehen nach Abschluss des, über die Ausstellungsdauer wachsenden “work in progress”, in die Sammlung von Bernadette Moser über. In dieser Ausstellung geht es um das zufällig und spontan Gefundene, das in die eigene Geschichte mit aufgenommen wird. Wie schreiben wir Geschichte? Von wem wird Geschichte geschrieben? Es geht um ein kritisches Hinterfragen wie Geschichte konstruiert wird – die Geschichtsschreibung gibt zwar vor objektiv zu sein, kann diesem Anspruch jedoch nicht gerecht werden, wenn nur individuelle bzw. ausschließende Perspektiven zugelassen werden. „Es gibt keine objektive Geschichte.“ (Moser 2017)
 
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